Helles Loft mit grauem Sofa und schwarzem Stuhl.

Wohntraum in einer ehemaligen Gummifabrik: Das Loft H in Köln

Können Sie sich vorstellen, in einer alten Gummifabrik zu wohnen? Eine Auftraggeberin des Kölner Architekturbüros DIIIP konnte es. Das Ergebnis: ein großzügiges Loft in Köln, das trotz Reduktion auf das Wesentliche, Wärme ausstrahlt. Wir haben mit Jochen Reetz, Gründer & Inhaber des Architekturbüros DIIIP, über das Projekt und dessen Herausforderungen gesprochen.

Wer in einem alten Fabrikgebäude modernen Wohnraum schaffen möchte, benötigt Vorstellungskraft und Mut. Genau das haben die Haags: Zur Umgestaltung ihres 170 Quadratmeter großen Lofts in einer ehemaligen Fabrik in Köln Nippes beauftragten sie Architekt Jochen Reetz mit einem ganzheitlichen Material- und Ausbaukonzept.

Das Projekt bot den Eigentümern die einmalige Chance, einen Wohnraum ganz nach ihren Bedürfnissen zu erschaffen. In enger Zusammenarbeit mit Jochen Reetz und seinem Team entstand ein Konzept, das den ursprünglich kleinteiligen Grundriss aufbrechen und neu strukturieren sollte – inklusive sämtlicher Einbauten und der Küche. Im Interview verrät uns Architekt Jochen Reetz mehr über die Besonderheiten des Projekts.

Loft H
Das Architekturbüro DIIIP: Inhaber Jochen Reetz, Jeanette Kaesberg und Ulla Bleck. Quelle: Annika Feuss

G-Pulse Redaktion: Herr Reetz, bevor wir zu Ihrem Projekt kommen, erzählen Sie uns doch kurz etwas zu Ihrer Person und Ihrem Architekturbüro.

Jochen Reetz: 1974 in Mönchengladbach geboren, liegt mir der rheinländische Humor und die wahre Borussia am Herzen. Nach meiner Ausbildung zum Zimmermann bereiste ich zunächst die Welt, um anschließend an der Bauhaus-Universität in Weimar Architektur zu studieren. Gemeinsam mit meinem Team bearbeite ich seit 2011 als DIIIP unterschiedlichste Projekte im Spannungsfeld zwischen Mensch und Raum. Wir mögen ehrliche Materialien, praktikable Details, Klarheit und ein schlüssiges Gesamtbild. Für uns ist weniger oft mehr und Zeitlosigkeit beständiger als jeder Trend.

G-Pulse Redaktion: Das Loft H in Köln ist ein Projekt, das die Herzen von Minimalisten höherschlagen lässt. Welche konkreten Ziele gab es für die Gestaltung der Räumlichkeiten?

Jochen Reetz: Wir wollten eine Struktur schaffen, die einerseits Großzügigkeit bietet, andererseits aber auch Rückzugs- und Privaträume beinhaltet. Trotz der industriellen Akzente, wie Stahl, Drahtglas und betonanmutenden Oberflächen, sollte der Ausbau warm und einladend wirken. Das Bild, das wir bei der Planung immer vermittelt haben, war das einer zeitlosen Wohnung, in der man eigentlich immer nur barfuß laufen will.

Loft H
Trotz der industriellen Akzente wirkt der Ausbau warm und einladend. Quelle: Annika Feuss
Loft H
Das Architekturbüro DIIIP hat mit dem Loft H eine zeitlose Wohnung gestaltet. Quelle: Annika Feuss

G-Pulse Redaktion: Was zeichnet das Design des Lofts aus und welchen Herausforderungen standen Sie gegenüber?

Jochen Reetz: Die Herausforderung war sicherlich, dass es aufgrund der verkäuferseitigen Vorplanung bereits einige bauliche Fakten gab. So mussten wir bestehende Schächte, Stützen und Durchgangshöhen in Kauf nehmen und konnten diese nur verblenden, integrieren und akzeptieren. Das Loft orientiert sich zu einer Parkanlage beziehungsweise zur Südseite. Die weniger prominente Erschließungsseite haben wir über den großformatigen Einbau im Wohnraum ausgeblendet.

Um dennoch beidseitig einen Tageslichtbezug zu gewähren, öffnet sich der Einbau durch opale Drahtglasflächen innerhalb der Stahltüren. Durch Begegnungsorte wie Küchentresen, Esstisch, Couch-Ecke oder Büroraum haben wir in den Räumlichkeiten zahlreiche Kommunikationsbereiche geschaffen, die ganz unterschiedlichen Tagesabläufe gerecht werden. Die Materialauswahl ist einladend und repräsentiert einen selbstbewussten und persönlichen Chic, ohne dabei dekadent oder aufgesetzt zu wirken. Wir gehen davon aus, dass der Gebrauch und Patina dem Ausbau gut stehen werden. Das mögen wir.

G-Pulse Redaktion: Die Gestaltung der Räume ist konsequent und geradlinig. Jedes Detail stimmt. Dabei fällt auch das schwarze Schalterdesign ins Auge. Damit haben Sie starke Kontraste gesetzt. Warum und wieso haben Sie sich für die Designlinie Gira E2 entschieden?

Jochen Reetz: Das Schalterprogramm Gira E2 ist gradlinig und zeitlos. Es ist auf seine Funktion reduziert und wird daher vom Betrachter nicht hinterfragt. Seine Klarheit fügt sich der Formalästhetik des Ausbaus. Zwischen Angleichung und Kontrast, fällt uns der Kontrast leichter. Im Einklang mit der ebenfalls schwarzen Beleuchtung ergeben sich ehrliche und elegante Akzente, die man bei den Stahlteilen der Einbauten und Möbel ebenfalls finden kann.

G-Pulse Redaktion: Was gefällt Ihnen persönlich am besten an diesem Projekt?

Jochen Reetz: Ich bin großer Fan der Schlafzimmer-Geheimtüre. Des Weiteren macht es wahnsinnig viel Spaß, nach dem Betreten der Wohnung als erstes auf eine komplette Spiegelwand zu blicken und anschließend – schon fast theatralisch – in den zunächst nicht einsehbaren unerwartet hellen und großen Wohnraum zu treten.

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Die Klarheit des Schalterdesigns fügt sich der Formalästhetik des Ausbaus. Quelle: Annika Feuss

G-Pulse Redaktion: Sie legen bei Ihren Projekten Wert auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Inwiefern spielten diese Themen bei der Umsetzung dieses Umbaus oder bei anderen Ihrer Projekte eine Rolle?

Jochen Reetz: Beide Punkte sind projekt- beziehungsweise kontextabhängig. Während bei Sanierungen das Budget eine große Rolle spielt, gibt die EnEV (Energieeinsparverordnung) gerade bei Neubauten bereits ehrgeizige Werte vor. Im Bestand müssen die Verhältnismäßigkeit und die Kombination der Maßnahmen Sinn machen. Aufgrund der grotesken Immobiliensituation und sozio-kulturellen Einflüssen verschieben sich die Werteparameter. Es geht oftmals nicht mehr um die Finanzierung des goldenen Wasserhahns auf der Gästetoilette, sondern vielmehr um die Frage, wie und ob man sich das neue Heim überhaupt leisten kann. Der Architekt, die Architektin ist zunehmend gefordert mit einfachen (Roh-)Materialien und Details eine „neue“ Wertigkeit zu formulieren. Der Wohnraum transformiert vom Statussymbol zum Gebrauchsgegenstand.

Diesen Anforderungen gerecht zu werden – auch das bedeutet Nachhaltigkeit. Die Nachhaltigkeit des Lofts formuliert sich durch die Langlebig- und Zeitlosigkeit seiner Materialien.

G-Pulse Redaktion: Wie stehen Sie smarter Technik gegenüber?

Jochen Reetz: Im Zuge der allgegenwärtigen digitalen Entwicklung und ihrer rasanten Geschwindigkeit fällt es Bauherren/-innen oftmals schwer, sich für eine Technologie zu entscheiden, die gegebenenfalls in einigen Jahren bereits veraltet sein könnte. Viele Bauherren/-innen hadern nach wie vor mit Sicherheitsbedenken, Kosten, Wartung und Mehrwert. Planer und Gewerk sind im jeweiligen Entscheidungsprozess mitverantwortlich, den Kunden im Rahmen der Gegebenheiten – beispielsweise Prioritäten, Budget, Objektgröße, technisches Verständnis, Bestandssituation etc. – zu einer individuellen und sinnvollen Lösung zu führen.

Herr Reetz, vielen Dank für das Interview und den Einblick in dieses wunderschöne Projekt sowie in Ihre Arbeit.