Wohnhaus in Portugal überzeugt im Umgang mit Flächen- und Materialknappheit | Architektur
Hallo Welt: Das gigantische Rundfenster im Wohnraum

Das Weniger-Haus

Das Weniger-Haus

Kaum ein Bauprojekt sieht am Ende exakt so aus, wie ursprünglich geplant. Aber nur sehr wenige verändern sich so oft wie dieses kleine Wohnhaus, das letztendlich in der Nähe von Porto entstand. Es ist großartig. Und beweist, dass aus immer weniger am Ende doch mehr werden kann.

Architektur

Atelier Local

https://www.atelierlocal.pt/en

Fotografie

Francisco Ascensão

www.franciscoascensao.com

Standort

Ancede, Baião, Portugal

Against all odds

Am Anfang war da ein Wunsch: Am Rand eines Steinbruchs in Ancede, nahe der portugiesischen Großstadt Porto, stand eine steinerne Ruine, aus der ein Einfamilienhaus werden sollte. Doch dann kamen mehrere Waldbrände und verwüsteten die Gegend. Dem alten Gemäuer tat das nichts, aber am Ende wurde das Grundstück Teil eines Naturschutzgebiets. Die Folge: Die bebaubare Fläche schrumpfte, statt 300 m2 durften nur noch 60 m2 genutzt werden – und die Idee, das Bestandshaus zu erweitern, war dahin. Stattdessen beschlossen die Architekten des jungen Büros Atelier Local, die Ruine lediglich als Materialquelle zu benutzen. Auf dem abschüssigen Gelände entstand ein dreistöckiges Gebäude mit zwei rechtwinklig zueinanderstehenden Körpern und einem Satteldach. 

Wohnhaus in Portugal überzeugt im Umgang mit Flächen- und Materialknappheit | Architektur
Spannendes Design-Haus: Es überzeugt im Umgang mit Flächen- und Materialknappheit (Foto: Francisco Ascensão)

Downsizing als Designprinzip

Doch als der Rohbau begann, kamen Corona, das Stocken der globalen Lieferketten und das Fachkräfteproblem. So war auch der ursprünglich geplante Innenausbau nicht mehr möglich und musste lokal angepasst werden: Was kann der örtliche Bauunternehmer? Welche Materialien sind verfügbar? Downsizing wurde zum Designprinzip. Das Resultat ist von Reduktion geprägt: Offenes Mauerwerk und Sichtbeton, Korkdämmung, eine Dachkonstruktion aus lokalem Holz und einfache Aluminium-Fensterrahmen, aber lackiert in markantem Rot. So entstand eine Folge spannender Räume, die aufgrund des Geländes von oben nach unten erschlossen werden. Das Entree im Obergeschoss führt direkt in die Küche, mit offenem Dachstuhl ein einladender hoher Raum mit einem großen, bodentiefen Fenster. Von hier geht es über die Betontreppe in die Wohn- und Schlafräume, die jeweils per Bullaugen oder großem Rundfenster zu gemütlichen Kojen werden. 

Gerahmte Natur: Das Fenster als Kunstobjekt – die Installationen auch
Gerahmte Natur: Das Fenster als Kunstobjekt – die Installationen auch (Foto: Francisco Ascensão)

Einfach einfach

Auch bei Ausstattung und Technik war die Devise „simpel aber durchdacht“. Beispielsweise ist die Küchenzeile aus wasserabweisendem MDF gefertigt, ebenso wie die maßgeschneiderten Sitzbänke vor den Fenstern. Als Trennelemente in den Untergeschossen dienen Wände aus Glasbausteinen, die nicht nur Tageslicht in die bergseitig gelegenen Räume lassen, sondern auch ein ästhetisches Statement setzen. Genau wie die Elektroinstallationen. Alle Schalter und Steckdosen sind Aufputz installiert und stammen aus der Designlinie Gira Studio AP in der Variante Glas weiß. So wird aus dem Nützlichen ein selbstbewusstes Statement, in einem eindrucksvollen Haus, dessen ganze Essenz sich mit Pier Vittorio Aureli zusammenfassen lässt: „Weniger ist genug“. Schon mehrfach preisgekrönt.

Keine Geheimnisse: In diesem Haus ist Alles sichtbar.
Keine Geheimnisse: In diesem Haus ist Alles sichtbar. (Foto: Francisco Ascensão)

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