63 Länder folgten der Einladung des diesjährigen Biennale-Kurators Hashim Sarkis in die Lagunenstadt. Auch Katharina Benjamin vom Online-Magazin kntxtr war auf der Biennale unterwegs und teilt ihre Eindrücke und Higlights mit gira.de
Die Entscheidung fällt in allerletzter Minute, Italien und Deutschland lockern ihre Quarantäneregelungen, einen Schnelltest in der Tasche und los geht’s von Leipzig über den Brenner nach Venedig. Die Stadt ist merklich zur Ruhe gekommen im letzten Jahr. Doch bei den Biennale-Preview-Days tummeln sich die Gäste, sie alle treibt das von Hashim Sarkis beschworene „Bedürfnis nach Architektur“. Die Ausstellungen im Giardini und Arsenale muten überfordernd an, sie streifen viele große Fragen unserer Zeit, die ich en passant als nicht zu verarbeitbare Informationsflut wahrnehme. Eine hybride Mixtur aus QR-Codes, Augmented Reality, Screens und Sounds. Nach den unzähligen Monaten rein digitaler Existenz bewegen mich dieses Jahr vor allem die physisch anwesenden und erfahrbaren Kurationen der belgischen, dänischen und us-amerikanischen Beiträge.
Dirk Somers, Büroinhaber des Antwerpener Büro Bovenbouw Architectuur und Kurator des belgischen Beitrags Composite Presence lugt hinter einem Modell hervor, er ist im Gespräch vertieft und fungiert als im Maßstab verrutschte Staffage, der von ihm komponierten Stadtlandschaft. Die Ausstellung besteht aus 50 kunstvoll gefertigten Modellen im Maßstab 1:15. Sie stammen von 45 flämischen Architekten und Architektinnen, deren zeitgenössische Entwürfe sich zur einer fiktionalen, architektonisch heterogenen Stadt formieren. Der Beitrag ist erneut Beweis für die vorbildhafte flämische Bau- und Planungskultur der letzten 15 Jahre. Die Ausstellung begeistert durch ihre Handwerklichkeit, Ästhetik und Erfahrbarkeit im großen Maßstab.
Im Dänischen Pavillion dreht sich alles um den Kreislauf des Wassers. Der von der Architekturhistorikerin Marianne Krogh und den Architekten Lundgaard & Tranberg gestaltete Beitrag con-nect-ed-ness ist durchzogen von roten und schwarzen Rohren, die das gesammelte Regenwasser vom Dach in den dänischen Pavillon transportieren. Dort wird es nicht nur für die Bewässerung von angebauten Pflanzen genutzt, sondern auch zu Trinkwasser aufbereitet und für die Besucher bereitgestellt. Das fließende, sprudelnde und tropfende Wasser funktioniert nicht nur als räumliches Leitsystem, sondern verbindet sich zur ausdruckstarken Klangkulisse.
„Endlich mal ein gelungener us-amerikanischer Beitrag“, so wird es sich hinter vorgehaltener Hand auf dem Biennale-Gelände zugeraunt und wirklich die von den Architekten Paul Andersen and Paul Preissner kuratierte Ausstellung American Framing überzeugt auf ganzer Linie. Die Kuratoren widmen sich der in den USA umfassend eingesetzten, aber im Architekturdiskurs missachteten, Holzrahmenbauweise/Holzständerbauweise. Vor der Hauptfassade des Pavillons wurde eine begehbare, vierstöckige Holzständerkonstruktion errichtet, welche die Eigenschaften der Konstruktionsweise – flexibel in der Anwendung, leicht und schlank – eindrucksvoll offenlegt.
Zwei Tage verbringe ich auf der 17. Architekturbiennale, laufe durch die Giardini und die nicht endende Halle der Arsenale. Zu den vielen Offspaces, die in der Stadt verteilt sind, schaffe ich es nicht ein mal. Diese Biennale wirkt groß, seltsam und spannend. Unzählige Bilder und Eindrücke prasseln auf mich ein und mir wird erneut bewusst wie wenig man derer im letzten Jahr hatte. Ein Besuch in Venedig ist immer zu empfehlen.
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